Traumatisierte Jugendliche entwickeln oft vielfältige selbstschädigende Verhaltensweisen, insbesondere selbstverletzendes und suizidales Verhalten.
Äußerungen von Suizidabsichten, Parasuizide und sich wiederholende Selbstverletzungen führen bei pädagogischen Fachkräften immer wieder zu Unsicherheit und zu emotionalen Belastungen.
Welche Bedeutung diese Krisen aus traumpädagogischer Sicht haben und was Pädagog*innen mehr Sicherheit in Prävention und Intervention vermittelt, beantwortet uns Margarete Udolf- Fachreferentin zum Themenkomplex „Trauma“:
- Warum erleben traumatisierte Menschen oft Krisen?
Traumata führen zu Erschütterung der Wahrnehmung sowie des Selbst- und Weltverständnisses und können jahrelang anhaltende Belastungsreaktionen hervorrufen. Die Betroffenen verlieren dadurch innere Stabilität und sind verletzlicher für belastende Situationen. Hinzu kommt, dass bindungstraumatisierte Menschen häufig misstrauisch sind und es fällt ihnen schwer Hilfe zu holen. Dementsprechend führen bei ihnen belastende Ereignisse und Lebensumstände schneller zum Verlust des seelischen Gleichgewichts – was den Inbegriff von „Krise“ darstellt. - Was unterscheidet pädagogische und psychiatrische Krisen?
In krisenhaften Situationen – vor allem bei selbstverletzendem und suizidalem Verhalten der betreuten Jugendlichen wenden sich pädagogische Fachkräfte an die Kinder- und Jugendpsychiatrie und werden dabei oft mit der Aussage „ das ist eine pädagogische und keine psychiatrische Krise“ konfrontiert. – Was verbirgt sich hinter der Einschätzung? Von einer psychiatrisch relevanten Krise sprechen wir, wenn das Verhalten bzw. Befindlichkeit der Klient*innen die normale Situationsbezogenheit und Nachvollziehbarkeit verliert. Die Verhaltenssteuerbarkeit sowie die Absprachefähigkeit des jungen Menschen sind nicht verlässlich bis hin zum Rückzug aus dem Kontakt. In der Praxis bedeutet dies zum Beispiel, dass Jugendliche, die zwar suizidale Gedanken haben aber im Gespräch mit den Fachkräften sind und einen sog. Antisuizid-Vertrag unterschreiben, nicht akut in die psychiatrische Klinik aufgenommen werden müssen. - Was zeichnet eine hilfreiche traumapädagogische Krisenintervention aus?
Krisenintervention meint psychologische Hilfe und Beratung einer traumatisierten Person, die aktuell nicht in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen. Das kurzfristige Ziel stellt Entschärfung der Krise und Erarbeiten von Problemlösungen. Langfristig geht es um Wiederherstellung des autonomen Funktionierens und Stärkung von Ressourcen. Bei traumatisierten Jugendlichen kann sich die Intervention schwieriger gestalten, da sie oft erwachsene Helfer*innen in Bezug auf ihre Vertrauenswürdigkeit sehr genau prüfen.
Im traumapädagogischen Alltag hat es bewährt, Konzepten für Krisenvorbeugung auf der Grundlage von Anamnese und Diagnostik zu entwickeln: Vorausgegangene Krisen liefern Informationen über hilfreiche und nicht hilfreiche Handlungsmöglichkeiten für zukünftige Interventionen.
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